Bockum-Hövel – „Wir möchten ein positives Feuer entfachen“, sagt Werner Reumke, Mit-Ideengeber des Projekts „Die Strecke“. Mit dem zwölfstündigen (!) Programm zur „Pinken Nacht unterm Radbod-Schacht“ am 25. Mai von 12 bis 24 Uhr, dem Projekthöhepunkt 2024, dürfte das wohl gelingen.

Es braucht mehrere eng bedruckte Din-A5-Seiten, um alle Programmpunkte für den außergewöhnlichen Samstag aufzuführen. Der Info-Flyer und das pinke Plakat liegen jetzt druckfrisch vor und werden nach und nach in Bockum-Hövel und darüber hinaus ausgelegt beziehungsweise aufgehängt.

In der Maschinenhalle gegenüber von Schacht 5 des früheren Bergwerks: Hier, wo einst 6000-PS-Motoren Förderkörbe in Windeseile aus rund 1000 Meter Tiefe an die Erdoberfläche holten, stellte das Strecken-Team die vielfältigen Aktionen, die beteiligten Vereine, Gruppen und Institutionen sowie die zahlreichen externen Gäste vor, die den 25. Mai zu einem Erlebnis machen sollen.

Der erste Eindruck angesichts der Fülle der Aktivitäten: Wow! Dabei darf man nie vergessen, dass hier Ehrenamtler stemmen, wofür es andernorts Hauptamtliche braucht: ein Event, das wohl auch Strahlkraft in die Region haben wird, mit der Farbe Pink als Wiedererkennungsmerkmal.

Die „Pinke Nacht“ bietet Bühnen-Acts, die Vernissage der Strecken-Galerie, Kulinarisches und Buntes aller Art. Und sie knüpft an die französische Lebensart an. Warum? Wohl auch, weil Reumke das Französische im Blut liegt, wie er schon durch seine Arbeit im Verein zur Förderung des Martin-Luther-Viertels, dem Veranstalter des Quartierfestes „La Fête“, dokumentiert hat – aber vor allem, weil auch der südwestliche Nachbar einst Kohlenbergbau betrieb.

Reumke und seine Ehefrau Christiane, als Strecken-Aktive ebenfalls ganz vorne mit dabei, berichteten von ihrem Aufenthalt in Alès, einer Stadt mit rund 44 000 Einwohnern in der nördlichen Provence. Sie sei ein Musterbeispiel für einen gelungenen Strukturwandel.

„Unsere Ausgrabungsstätte der Neuzeit ist die Industrialisierung, unsere Eiffeltürme sind die Fördergerüste“, sagt Werner Reumke. Das Streckenfest wird seinen Angaben nach mit 10 000 Euro von der RAG-Stiftung sowie von der örtlichen Spar- und Darlehnskasse gesponsert. Auch gebe es zahlreiche kleinere Spenden – und insgesamt ein großes Engagement der Geschäfte und Betriebe vor Ort.


Bühne

Fangen wir mit dem Ende an: Das Event findet um Mitternacht mit einem gemeinsamen Singen des Steigerliedes vor illuminierter Kulisse der Schachtgerüste durch die RAG-Grubenwehr seinen Abschluss. Vorab hat „Return“, laut Programm „Mutter aller Coverbands in Hamm“, bereits zwei Stunden lang die Besucher unterhalten. Zum Auftakt um 12 Uhr ist das Ruhrkohle-Orchester zu hören, ehe unter anderem der Schirmherr der Veranstaltung, RAG-Vorstand Peter Schrimpf, die Besucher begrüßt. Ebenfalls zu hören und zu sehen: der singende Bergmann Rudy Cash aus Essen, der Chor „Mach’s Maul auf“, die drei Sängerinnen Annika van Dyk, Amalie Mauck und Takako Oishi mit Chansons, Klassischem und Japan-Pop, die KRK-Band und der Saarknappenchor mit Bergarbeiterliedern, Horst Grote mit bekannten Liedern (Klavier: Harald Sumik) und Gitarrist Baptist Grand.

Vernissage

Die Strecken-Galerie, die die fünf Kilometer lange Unter-Tage-Strecke von Radbod nach Donar oberirdisch sichtbar machen soll, wird bis zum 25. Mai auf über 70 Kunstwerken angewachsen sein. „Das sind teils bestehende und etliche neue wie die Fotoarbeit an der LEG-Heizzentrale“, schildert Christiane Reumke. Jedes Werk werde mit einem QR-Code versehen, über den per Handy Näheres zu erfahren sei. Zur Freiluft-Galerie wurde ein Streckenwanderweg ausgearbeitet, dessen Wegeführung auf der Adresse diestreckehamm.de und über die App des Routenplaners Komoot eingesehen werden kann. Bei der „Pinken Nacht“ sollen drei Busse („Bus Touristique“) im 30- oder 45-Minuten-Takt Gäste zu ausgewählten Stationen fahren. Das Ziel: die jüngst angebrachte pinke Krone auf dem Donar-Teufgerüst, die Arbeit Schach(t)matt von Nuray Cetincaya. Aus der temporären Inszenierung in 2023 wird eine feste Galerie, die weiter ausgebaut werden und Bockum-Hövel touristisch interessant machen soll.


Kulinarisches

„Keine Angst: Es gibt auch Bier und Frikadellen“, kündigt Werner Reumke an, aber vieles in spezieller Variante. So ist etwa von Streckenfrikadellen die Rede, von Streckenbrot oder Streckenwein. Der Gemüsehof Kraienhemke serviert Streckenkonfitüre aus Rotkohl und Sauerkirschen, die Eismanufaktur Yomaro eine „pinke Verführung“. „Pommes pink“ kommen vom Horster Grill, „pinke Berliner“ von der Spadaka. Überhaupt: Viele Gruppen, Institutionen und Geschäfts-treibende aus dem Stadtbezirk sorgen für Speis’ und Trank, etwa auch für Flammkuchen und Crêpes.

Extras

Kreatives vor Ort wird geboten. So gestalten drei Jung-Künstler Bauschuttcontainer der Firma Hunloh, die später durch die Straßen fahren. Zu sehen sind gebeamte Bilder auf einer alten Maschinenhalle. An Info-Ständen stellen sich zahlreiche Gruppen, Vereine und Firmen vor. Experten vermitteln Wissenswertes zum Bergbau. Ein Lowrider ist vor Ort, der Autos zum Tanzen bringt. Landwirtschaftliches Gerät wird ausgestellt, darüber hinaus ziehen französische Oldtimer die Blicke auf sich.

Streckenparfüm und Streckenschuhe – auch das gibt’s. Die Kinder können sich auf Bastel- und Bewegungsangebote freuen. Die Hammer Briefmarkenfreunde sind mit einem historischen Postamt vor Ort, in dem die „Pinke Radbod“ und andere Briefmarken erworben und – mit Sonderstempel – auch verschickt werden können. Zudem mit dabei: das Event-Team der Deutschen Post. Und: Von der „Pinken Nacht 2023“ existiert ein Film, vom 24er-Ereignis soll ein weiterer entstehen.

Kostenlos

Der Eintritt zur „Pinken Nacht“ ist frei. Die Gäste werden gebeten, die auf dem Fest angebotene pinke Weste als symbolischen Eintritt zu tragen. „Sie gehört zum WIR, zur Inszenierung, zur Dokumentation, zur Stimmung und mehr“, heißt es im Programm-Fly



Eine 5000 Meter lange Vernissage

„Die Strecke 3.0“ findet am 25. Mai 2024 statt / Viele Aktionen zum Oberthema Frankreich

VON MARKUS LIESEGANG

 

Santé: Christiane und Werner Reumke (2. und 3. von links) baten mit dem pinken Grauburgunder „Pique Nique“ zum Anstoßen. Foto: Markus Liesegang

Bockum-Hövel – Nach der Strecke ist vor der Strecke. Die Motivation, etwas in Bockum-Hövel auf die Beine zu stellen, bleibt offensichtlich hoch. Knapp 40 Vertreter der Vereine folgten am Montag der Einladung von Christiane und Werner Reumke zum ersten Plenum für die Strecke 3.0 im Haus der Begegnung.

Erster Programmpunkt: Der „Streckenwein“ wurde gekostet. „Ein Grauburgunder namens ,Pique Nique’ von David Lelievre, der Hase, aus Toul“, erklärte Werner Reumke auch gleich die pinke Farbe des Traubensafts mit der Gärungsmethode. Er verpackte damit den dezenten Hinweis, wohin die Reise 2024 gehen wird – Frankreich wird Thema.

Beim Veranstaltungsdatum gibt’s noch mal eine Änderung: Nicht am 8. Juni, wie zuvor geplant, sondern am 25. Mai (ebenfalls ein Samstag) soll „Die Strecke 3.0“ den Ortsteil Bockum-Hövel einen und bekannter machen. „Das Kulturrevier Radbod hat am 8. Juni eine traditionelle Großveranstaltung (Kapelle Somma), wir würden uns in die Quere kommen“, so Werner Reumke.

Pinke Nacht unter dem Radbodschacht

Während die Ur-Strecke am 3. Juni dieses Jahres temporäre Kunst für einen Tag bot, soll zur Folgeveranstaltung Nachhaltiges entstehen, erklärte Christiane Reumke die Idee der beiden. Die gesamte Strecke soll mit dauerhaften Kunstwerken ausgestattet, der Sauerländische Gebirgsverein, Ortsverein Bockum-Hövel soll die Strecke kennzeichnen. Am 25. Mai soll dann eine Vernissage von Hof Kraienhemke Richtung Fördergerüste Radbod stattfinden.

„Eine 5000 Meter lange Vernissage, das hat noch niemand geschafft“, frohlockte Werner Reumke. Geplanter Start der Tour ist bisher 15 Uhr. Anschließend ab 17 Uhr wird auf dem letzten Teil von der Moschee bis zu den Fördergerüsten „Die pinke Nacht unter dem Radbodschacht“ stattfinden. „An unseren Eiffeltürmen“, so der Initiator, „angelehnt an die Weißen Nächte in Paris.“

Einladen will die Vereinsgemeinschaft französische und saarländische Bergleute, es sollen französische Chansons gespielt werden und ein entsprechendes kulinarisches Angebot. „Wir sammeln schon fleißig Frösche und Schnecken“, scherzte Werner Reumke. „Vielleicht sollten wir auch so etwas wie die Pommes-Weltmeisterschaft wie neulich Recklinghausens Partnerstadt ausrichten“, sprühte der Macher weiter Ideen ins Publikum.

Um 20.30 Uhr wird die Sonne untergehen, erfuhren die Bockum-Höveler. Dann soll die ganze Festlandschaft in Pink illuminiert werden, ein „Lichtereignis“ will man am Abend erschaffen.

Arbeitsgruppe tagt alle zwei Wochen

Die großen Mitspieler wie RAG und Industrie-Denkmal-Stiftung werden wieder mit im Boot sitzen, wie auch die örtliche Spadaka. „Wir sorgen für die Bühne“, versprach Marketingfrau Anne Görges, „und Ruppe Koselleck ist auch bereit, mit seiner Straßenwalzen-Kunstaktion wieder mitzumachen.“ Er sei erleichtert, schließlich sei eine Bühne nicht billig. Ansonsten riet Christiane Reumke den Anwesenden, ihre Ideen vom Heimatministerium NRW sponsern zu lassen. „Jeder einzelne Verein kann für seine Kunstaktion den Heimatscheck beantragen. Das ist nicht schwer.“

Wer Kontakte nach Frankreich habe, solle sich melden. Ebenso die, die Künstler an der Hand hätten. Die Ausstellung müsse schließlich mit Inhalt gefüllt werden. Für die Arbeitsgruppe, die sich alle zwei Wochen bei Reumkes trifft, wird noch Unterstützung gesucht. Das nächste Treffen ist am Donnerstag, 9. November, um 17 Uhr.

Das Plenum zur Ideenentwicklung und Vorbereitung der Strecke 3.0 soll regelmäßig alle vier Wochen zusammentreffen, ein nächstes Mal am 29. November.